Sonntag, 29. Oktober 2017

Das Leiden Benedikts XVI

Aldo Maria Valli hat das Foto, das der Passauer Bischof Oster nach seinem Besuch beim Papa emeritus getwittert hat, zum Anlass genommen auf seinem blog über das Leiden Benedikts XVI und dessen  Defintion des Leidens nachzudenken. Dabei zitiert er längerer Passagen aus der Enzyklika "Spe Salvi" und aus einer Rede Benedikts XVI in einem Pflegeheim in Turin zu diesem Thema sagte,
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                                "DAS LEIDEN BENEDIKTS XVI"

"Das Bild Benedikts XVI mit einer Schwellung unter dem rechten Auge ruft unendliche Zärtlichkeit hervor. Das vor einigen Tagen auf facebook von Bischof Stefan Oster von Passau, der den Papa emeritus vor einigen Tagen besucht hat, veröffentlichte Foto zeigt uns Joseph Ratzinger in der ganzen Gebrechlichkeit der aktuellen Situation. Benedetto, der im vergangenen April das 90. Lebensjahr vollendet hat, erscheint abgemagert, aber das was am meisten berührt, ist sein Ausdruck.
Vielleicht täusche ich mich, aber sein Blick erscheint mir ein wenig verloren und verrät eine Art Beschämung, typisch bei Alten in einer gewissen Lebenssituation.

Wir wissen, daß Papa Ratzinger seit Jahren mit dem linken Auge wegen einer Maculapathie sehr wenig sieht und daß er ein Hörgerät tragen muß. Das alles macht die Begegnungen sicher nicht leichter. Aber im früheren Vatican-Kloster, das seine Wohnung geworden ist, empfängt er gern die Besuche der Freunde und -mit der Einfachheit, die ihm eigen ist, hat er sich nicht geweigert, sich nach dem kleinen Unfall fotografieren zu lassen, und so ein Bild von sich anzubieten, das sofort allen denen lieb geworden ist, die an ihn denken und für ihn beten.

In diesen letzten Fotografien von Benedikt XVI ist sehr viel Wahrheit. Und Papst Ratzinger so zu sehen, geschwächt und unverteidigt, eingehüllt in eine zu groß gewordene Soutane, lassen uns im Geiste zu den Worten zurückkehren, die er in der Enzyklika "Spe salvi" über die christliche Hoffnung dem Leiden gewidmet hat: "Wir können versuchen, das Leiden zu begrenzen, dagegen zu kämpfen, aber wir können es nicht abschaffen." (Nr.37)

Dann erklärte er: "Gerade da, wo die Menschen in ihrem Versuch jedes Leiden zu vermeiden, versuchen, sich allem zu entziehen, was Leiden bedeuten könnte, da wo sie sich die Mühe und den Schmerz der Wahrheit, der Liebe, des Guten ersparen wollen, rutschen sie in ein leeres Leben, in dem vielleicht das Leiden nicht mehr existiert, aber ....Es ist nicht das Ausweichen vor dem Leiden, die Flucht vor dem Schmerz, die den Menschen heilen, sondern die Fähigkeit, die Mühsal zu ertragen und an ihr zu reifen, Sinn zu finden in der Einheit mit Christus, der mit unendlicher Liebe gelitten hat. (Nr.37)





Davor hatte Benedikt mit seiner typischen Klarheit die Aufmerksamkeit auf die sozialen Auswirkungen des Leidens und der engen Verbindung zwischen Annahme des Leidens und der Wahrheit gelenkt: "Das Maß der Menschlichkeit wird im Wesentlichen von dem Verhältnis mit dem Leiden und dem Leidenden bestimmt. Das gilt für den Einzelnen wie für die Gesellschaft. Eine Gesellschaft, der es nicht gelingt, die Leidenden zu akzeptieren und die dazu nicht fähig ist,

Das gilt sowohl für den Einzelnen als auch für das Unternehmen. Eine Gesellschaft, die die Leidenden nicht akzeptieren kann und nicht in der Lage ist, durch Mitgefühl dazu beizutragen, dass Leid geteilt und intern getragen wird, ist eine grausame und unmenschliche Gesellschaft. Die Gesellschaft kann jedoch die Leidenden nicht akzeptieren und sie in ihrem Leid stützen, wenn die Individuen selbst dazu nicht fähig sind, und auf der anderen Seite kann das Individuum das Leid des anderen nicht akzeptieren, wenn es ihm persönlich nicht gelingt im Leiden einen Weg der Reinigung und Reife, eine Reise der Hoffnung zu sehen. Das Akzeptieren des anderen, der leidet, bedeutet de facto, auf gewisse Weise sein Leiden auf sich zu nehmen, sodaß es auch das meine wird.
Aber genau deswegen ist das Leiden dann ein Geteiltes geworden, in dem ein anderes gegenwärtig ist, dieses Leiden ist vom Licht der Liebe durchdrungen.

Das lateinische Wort con-solatio -Trost-drückt das auf sehr schöne Weise aus indem es ein Mit-sein in der Einsamkeit andeutet, die dann keine Einsamkeit mehr ist.
Aber auch die Fähigkeit das Leiden aus Liebe zum Guten, zur Wahrheit und zur Gerechtigkeit anzunehmen, ist ein grundlegendes Maß für die Menschlichkeit, weil wenn letztendlich mein Wohlergehen, meine Sicherheit wichtiger sind als Wahrheit und Gerechtigkeit dann das Recht des Stärkeren herrscht, dann regieren Gewalt und Lüge.
Wahrheit und Gerechtigkeit müssen über meiner Bequemlichkeit und physischen Sicherheit stehen, sonst wird mein Leben zur Lüge.
Und sschließlich, wenn das "ja" zur Liebe Grund für das Leiden ist, weil die Liebe immer Enteignung des Selbst ist, in der ich mich einschränken und verletzen lasse.
Liebe kann es nicht ohne diesen auch schmerzhaften Verzicht auf mich selbst geben, sonst wird sie reiner Egoismus  und annulliert sich somit selbst. (nN.39)"

Die gesamte Enzyklika sollte neu aufgelegt werden, so wie ihre Tiefe und ihre Überlegungen sind, die in der Lage ist, dem dominierenden Denken entgegen zu treten.
Ich beschränke mich auf einen Punkt, der uns hilft, noch besser zu verstehen, wie der 90-jährige Ratzinger täglich sein Altsein lebt: "Der war Teil einer Form der Devotion, die heute vielleicht weniger praktiziert wird, aber noch bis vor kurzem ziemlich verbreitet war: der Gedanke, die kleinen täglichen Mühsale "aufopfern" zu können, die uns immer wieder treffen- wie mehr oder weniger kleine Lästigkeiten und ihnen so einen Sinn zu geben.
In dieser Hingabe gab es sicher Übertreibungen und vielleicht auch Ungesundes, aber man muß sich fragen, ob es darin nicht auch etwas Wichtiges gab, das eine Hilfe sein könnte.
Was soll "aufopfern" heißen?
Diese Personen waren überzeugt, daß sie ihre kleinen Leiden in das große Mit-leiden Christi einfügen konnten, daß sie so auf gewisse Weise Teil des Schatzes des Mitleids  werden konnten, dessen die Menschheit bedarf

Auf diese Weise können diese kleinen ....des Täglichen einen Sinn bekommen und zur Ökonomie des Guten beitragen, der Liebe zwichen den Menschen.Vielleicht müssen wir uns deshalb fragen, ob eine solche Sache nicht auch für uns wieder eine sinnvolle Perspektive werden könnte.(Nr.40)

Und hören Sie, was Benedikt XVI im Mai 2010, während des Besuchs in der Kirche der Piccola Casa della Divina Provvidenza in Turin, besser bekannt als Cottolengo, bei der Begegnung mit den Kranken sagte: "Liebe Kranke, Ihr vollbringt ein wichtiges Werk: indem Ihr Euer Leiden vereint mit dem gekreuzigten und auferstandenen Christus lebet, nehmt ihr am Mysterium seines Leidens zur Rettung der Welt teil.

Indem wir unseren Schmerz durch Christus Gott aufopfern, können wir am Sieg des Guten über das Böse mitarbeiten, weil Gott unser Opfer, unseren Akt der Liebe fruchtbar macht.
Liebe Brüder und Schwestern, ihr alle, die hier seid, jeder für sich: fühlt euch nicht dem Schicksal der Welt fern, sondern fühlt euch als wertvolle Teile eines wunderschönen Mosaiks, das Gott als großer Künstler Tag für Tag und mit Eurem Beitrag formt.

Christus, der am Kreuz gestorben ist, um uns zu erlösen, hat sich an dieses Holz nageln lassen, damit von diesem Zeichen des Todesaus das Leben in seiner ganzen Schönheit erblühen könne.

Also. Wir können sicher sein, daß Papa Benedetto sein Leiden für das Wohl der Menschheit und der Kirche aufopfert. Und so mit e´dem Sieg des Guten über das Böse mitarbeitet.

Vereinigen wir uns mit ihm.
Quelle: A.M.Valli, Enzyklika "Spe Salvi", LEV

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