Mittwoch, 24. Juni 2015

Wenn Verschwörungstheorien über den Verlust der selbstzuerkannten Deutungshoheit hinwegtrösten sollen


Bis zum vergangenen Samstag konnten sich die italienischen Aktivisten der LGTB-Bewegung noch in der Illusion sonnen, meinungsführend zu sein. Von dieser Illusion mußten sie sich nach der eindrucksvollen Manifestation für die traditionelle Familie eilends verabschieden und das ging nicht ganz ohne Kollateralschäden ab.
Wie einige italienische Tageszeitungen und websites berichten ist nun der Schmerz  über den Verlust der Deutungshoheit u.a. sehr groß und es müssen ganz schnell Schuldige her - das ist nach verlorenen Kriegen auch immer so. Feindbilder, Dolchstoßlegenden, Verschwörungstheorien schießen ungehemmt ins Kraut, sogar die Maske der Toleranz fällt. So auch jetzt.
Wie Massimo Introvigne bei La Nuova Bussola Quotidiana - klicken-berichtet, hat der Fahnenträger der italienischen HS-Bewegung, Franco Grillini, komplett Contenance samt Realitätsbezug verloren und läßt die staunende Welt an seiner Vermeidungsstrategie teilhaben: leugnen, was man nicht mehr verteidigen kann, behaupten, so etwas habe es eh nie gegeben. Genderideologie? Dschänderwas? Nie gehört!

Der gute Signor Grillini hat nun also in aller Öffentlichkeit behauptet, dass es eine Gender-Theorie
überhaupt nicht gäbe, eine solche sei allerdings im Rahmen eines Komplotts in den Räumen des (wer weiß es?) ja - in den Räumen des Vaticans erfunden worden und zwar von Papst Benedikt XVI, Kardinal A. Bagnasco und Papst Franziskus (der hatte nämlich letztens in Neapel die "Gendertheorie als Irrtum des menschlichen Geistes" bezeichnet).
Besonders Benedikt XVI habe Simone de Beauvoir nicht richtig verstanden, sagen sie, wobei sie selber leider den de-Beauvoir Text "Le Deuxieme Sexe"   "vergessen" haben.
Dieser zugegeben originelle Standpunkt hat vereinzelt in Medien und von einer einzelnen Soziologin Unterstützung gefunden und die Verfechter der Ehe für alle und eben - tut mir leid Signor Grillini- der Genderideologie scheinen zu glauben, in dieser kühnen Verursacherumkehr eine Art Massenvernichtungswaffe gegen Demonstrationen wie die auf der Piazza San Giovanni in der Hand zu haben.  So schreibt Introvigne und er titelt: "Die ultimative Ente der Verfechter der HS-Ehe."


Das ging manchen Sympathisanten der Ehe für alle denn doch etwas zu weit- wie z.B. Michela Marzano vom Corriere della Sera, die korrigierend bemerkte, es gäbe mehrere Versionen der Gendertheorie. Und man solle der Sache doch überhaupt einen anderen Namen geben, wenn auch der Inhalt unverändert bleibt.....

Die Damen, die beim Weltfrauentag 1985 die Gendertheorie erstmals vorstellten, werden ganz schön entsetzt sein, daß sie nun keineswegs als Urheberinnen des Genderismus ( gibt es nach Grillini & co ja eh gar nicht) geehrt oder doch wenigstens erinnert werden, sondern als willfährige Werkzeuge obskurer Vaticanmachenschaften, die späteren Massendemos einen würdigen Grund liefern wollten, verdächtigt oder ganz dem Vergessen anheim gegeben werden.
Außer einer der Hauptpropagandistinnen - dieser nichtexistierenden Gendertheorie - wie Judith Butler, werden auch die vielen Lehrstuhlinhaberinnen einigermaßen erstaunt sein, quasi auf dem Nichts zu sitzen und ein nichtvorhandenes Fach zu unterrichten, ebenso die diversen Beauftragtinnen für Gendergerechtigkeit, für ein Ziel, das sogar Eingang in die Agenda der Bundesregierung fand.
Dann gab es noch Wortmeldungen, daß die Gendertheorie nicht der Feind der Familie sei, sondern eine gute Sache, gut, herzlich und sympathisch.

Dummerweise hat genau diese Judith Butler (aber vielleicht gibt es die ja auch nicht) mit ihrer Äußerung, daß der Schritt von der ersten zur zweiten, endgültigen Version der Gendertheorie auch ein politischer sei, weil der Staat die Rechte der freien Genderwahl (es gäbe um die 50 verschiedene Wahlmöglichkeiten) anerkennen müsse, den Organisatoren der Großdemonstration - auch gegen die Lex Cirinna, die auf der Gendertheorie beruht - vom 20. Juni Recht gegeben.
Ungeachtet dessen, dass es ihre schöne theoretische Grundlage gar nicht geben soll- sind die Genderideologen schon einen Schritt weiter gegangen- nun soll sich nicht nur die Biologie der Soziologie unterordnen, sondern auch die Anatomie.
Wie man sich das vorzustellen hat, will man lieber nicht so genau wissen. Was nicht paßt, wird passend gemacht? Chirurgen an die Front?

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