Donnerstag, 5. März 2015

Er ist nicht mehr der Zar aber auch kein lahmes Känguru. Sandro Magister über die Rolle Kardinal Pells nach Bekanntwerden der Statuten für das Wirtschaftssekretariat.

Sandro Magister zieht seine Bilanz aus den Turbulenzen um den australischen Purpurträger.
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  "ER IST NICHT MEHR DER ZAR ABER AUCH KEIN LAHMES KÄNGURU"

                               

"Ein Jahr nach ihrer Gründung durch das Motu Proprio "Fidelis Dispensator" vom 24. Februar 2014, haben endlich auch die Statuten für die von Papst Franziskus geschaffenen Organe, die die Reform der ökonomischen und finanziellen Strukturen innerhalb der Leoninischen Mauern garantieren sollen, das Licht der Welt erblickt.
Die drei fraglichen Körperschaften sind der Wirtschaftsrat, das Wirtschaftssekretariat und der Generalrevisor.
So endet die Anomalie, daß im Vatican Regierungskörperschaften agieren, deren Kompetenzen nicht definiert waren.
Anomal bleibt die Art und Weise wie diese Statuten der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht wurden.
Die mit dem 22. Februar datierten und seit dem 1. März rechtsgültigen fraglichen Texte wurden vor ihrer Veröffentlichung in der offiziellen Zeitung des Vaticans "Acta Apostolicae Sedis" in dafür vorgesehenen Schaukästen im Inneren der Sacri Palazzi ausgehängt. Bis dahin nichts Überraschendes.

Dann am 3. März, einen Tag nachdem ihre Existenz den Nachrichtenagenturen bekannt gegeben worden war, wurden die Texte auf der Vatican-Website  online gestellt.
Ohne irgendeinen Widerruf  wurden sie auf der homepage als Motu Proprio von Papst Franziskus behandelt auch wenn sie kein wirkliches Motu Proprio sind. Von ihrer Existenz haben weder das Bulletin des Hl. Stuhls noch der Osservatore Romano, noch Radio Vaticana  und in Folge davon auch nicht das Portal news.va berichtet.
Und dennoch waren die Statuten, deren Ausarbeitung bis zum Schluss eher quälend verlief, wie das Nichtvorhandensein eines Artikels 15 zwischen den Artikeln 14 und 16 beweist, von den Informationsmedien dringend erwartet worden. Besonders, um zu verstehen, welches politische Gewicht am Ende das von Kardinal George Pell geleitete Wirtschaftssekretariat haben soll.



Und so kam es, daß Pell zuerst der "Zar" der ökonomisch-finanziellen Vaticanstrukturen  hätte werden können , oder vielleicht im Gegenteil die vaticanischen Körperschaften, die sich traditionell auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet weitgehender Autonomie erfreuen, wie das Staatssekretariat, Propaganda Fide, die Kongregation für die Orientalischen Kirchen und das Governatorato ihre Vorrechte bewahren konnten.
Die sofortige politische Wertung der zirkulierenden Statuten durch die Medien führte nach linguistischen Kriterien zu einer Zweiteilung der Interpretation.
Im englischsprachigen Lager - haben die Website "Crux"-und nachfolgend andere- den Akzent auf die Konsolidierung der Kontrollmacht Pells  ausnahmslos für alle vaticanischen Abteilungen gelegt.
Im italienischen Lager dagegen hat die website "Vatican Insider" und in Folge andere-  das Fehlen einer geschäftsführenden Macht des Wirtschaftssekretariates betont.

In der Tat ist in den Statuten nicht mehr die Rede von der Transferierung der Zuständigkeit für den Immobilienbesitz der APSA auf das Sekretariat, das im Motu Proprio vom 24. Juli von Papst Franziskus noch angeordnet worden war.
Das läßt vermuten, daß zu dieser Frage alles beim Alten bleibt, auch wenn es nicht explizit gesagt wird.
Der Immobilienbesitz der APSA wird also nicht Teil des Vatican Asset Managements, wie es Pell noch in einer Pressekonferenz im vergangenen Juli angekündigt hatte.
Bleibt die Tatsache, daß das Wirtschaftssekretariat ein vollwertiges Leitungsorgan ( 1 Kardinal, 2 Prälaten, 1 Direktor und mehrere Untersekretäre) sein wird und ein bisher nicht gekanntes Vetorecht zu allen Käufen und Verkäufen jeder vaticanischen Körperschaft besitzt, die einen bestimmten Wert überschreiten und deshalb vom Wirtschaftsrat bestätigt werden müssen.
Es ist nicht klar, wie die wirklichen Machtverhältnisse zwischen 1. dem Wirtschaftssekretariat und 2. dem Staatssekretariat sein werden, zwischen dem ersten, das dazu aufgerufen ist, mit dem zweiten als ökonomisch-administrative Körperschaft zusammen zu arbeiten , und dem zweiten, das aber per se der Kontrolle durch das erste unterworfen ist.
Es ist nicht klar, welches die effektive Kontrollmacht des Wirtschaftssekrtariates über das Governatorato des Vaticanstaates sein wird, eine Macht, die in Artikel 1 ausdrücklich betont aber in den folgenden Artikeln verwässert wird.
Diese Frage ist sehr delikat, auch wegen der vertragsrechtlichen Implikationen, die sie nach sich ziehen kann.
Der Vaticanstaat ist auf der Basis der Lateranverträge etwas ganz anderes als die Römische Kurie, und wurde ihr faktisch nie unterstellt.
Es wäre an der Zeit  -aber vielleicht wird die in immer weitere Ferne rückende, komplexe Reform der Kurie zeigen, wie sich die Machtverhältnisse innerhalb der Heiligen Mauern gestalten.
Im Augenblick kann man sagen, daß Pell nicht mehr "Zar" ist (auch wenn "Crux", das ihn zuerst so genannt hat, immer noch diesen Titel gebraucht) aber er ist auch nicht ein zerzaustes Känguru, wie nicht wenige hofften.
Der einzige "Zar"  im Vatican bleibt der Papst. Aber der australische Purpurträger -kann ungeachtet des Maulwurfs- sicher hierhin und dorthin springen, um Bilanzen, Spesen, Käufe , Abgaben und Erwerbungen der veschiedenen vaticanischen Dikasterien zu kontrollerien.
Quelle: Sandro Magister, L´Espresso

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