Sonntag, 20. Juli 2014

Der offene Brief von Kardinal Brandmüller (an seinen Nachhilfeschüler Scalfari) II

Fortsetzung

 ..."Berühmt ist beispielsweise die scharfe Auseinandersetzung, die sich im 11. JH zur Zeit der sogenannten gregorianischen Reform zutrug, als es in diesen schwierigen Zeiten zu einer Spaltung kam, die besonders in Deutschland und Frankreich so groß war, daß in Deutschland Prälaten den Passauer Bischof Altmann aus seiner Diözese verjagten. In Frankreich wurden die päpstlichen Gesandten, die mit der Überwachung und Durchsetzung der Disziplin des Zölibats beauftragt waren, mit dem Tode bedroht. Bei einer Synode in Paris wurde der später heiliggesprochene Abt Walter von Pontoise von den Bischöfen, die gegen den Zölibat waren, geschlagen und ins Gefängnis geworfen. Trotzdem war die Reform erfolgreich und es gab einen neuen religiösen Frühling.

.Es ist interessant zu sehen, daß die Bekämpfung des Zölibats immer mit Zeichen des Zerfalls in der Kirche einherging, während in Zeiten eines erneuerten Glaubens und kultureller Blüte der Zölibat gestärkt wurde.
Und es sicher nicht schwer, aus diesen Beobachtungen heraus, eine historische Parallele zur aktuellen Krise zu ziehen.

Die Probleme der Ostkirche

Zwei Fragen, die oft gestellt werden, bleiben unbeantwortet. Da ist die eine, die die Praxis des Zölibats in der Katholischen Kirche zu Zeiten des byzantinischen Kaisers betrifft und die des Östlichen Ritus, die die Ehe für Bischöfe und Mönche verbietet, sie aber für Priester und Diakone erlaubt-unter der Voraussetzung, daß sie vor dem Empfang des Sakramentes verheiratet waren.
Indem sie genau diese Praxis als Beispiel anführen, fragen manche, ob man sie nicht auch für die Lateinische Kirche übernehmen könne.

Dabei muß man betonen, daß es zuerst die Ostkirche war, die die Praxis des abstinenten Zölibats als bindend vorschrieb. Und erst während des Konzils von 691, dem Trullanischen, als die religiöse und kulturelle Dekadenz des Byzantinischen Kaiserreiches evident war, wurde der Bruch mit der apostolischen Überlieferung vollzogen. Diess Konzil wurde maßgeblich vom Kaiser beeinflußt, der eine neue Gesetzgebung wollte, die Ordnung in die Beziehungen brachte, und das von den Päpsten nie anerkannt wurde.
Es war genau zu dieser Zeit, daß die Ostkirche diese Praxis übernahm.
Als später, im 16. und 17. JH  und später, verschieden orthodoxe Kirchen zur Kirche des Westens zurück kehrten, stellte sich in Rom das Problem, wie man mit dem verheirateten Klerus dieser Kirche umgehen solle.
Die verschiedenen Päpste entschieden zum Guten und zur Einheit der Kirche, keine Änderungen ihres Lebensstiles von den Priestern zu verlangen, die zur Mutter Kirche zurückgekehrt waren.

Die Ausnahme in unserer Zeit

Es gibt ähnliche Motivationen hinter der Gewährung eines päpstlichen Dispenses vom Zölibat- beginnend mit Pius XII für die protestantischen Pastoren, die zur Katholischen Kirche konvertierten und geweihte Priester werden wollten. Diese Regel wurde kürzlich von Benedikt XVI auf die vielen anglikanischen Prälaten angewandt, die sich in Übereinstimmung mit der Apostolischen Konstitution Anglicanorum Coetibus mit der Katholischen Mutterkirche vereinen wollten. Mit diesem außerordentlichen Entgegenkommen anerkennt die Kirche die lange, manchmal sehr schmerzhafte Reise dieser Männer des Glaubens an, die durch die Konversion ihr Ziel erreichten.



Ein Ziel , das in Namen der Wahrheit die direkt Betroffenen sogar dazu bewegte, auf ihre bis zu diesem Augenblick gewährte finanzielle Unterstützung zu verzichten. Es ist die Einheit der Kirche, ein Gut von immensem Wert, das diese Ausnahmen rechtfertigt.

Bindendes Erbe?
   
Aber abgesehen von diesen Ausnahmen erhebt sich die andere fundamentale Frage und die ist: "kann die Kirche autorisiert sein, auf  evident apostolische Überlieferung zu verzichten?
Diese Option, die fortwährend erörtert wird. Einige denken, daß so eine Entscheidung nicht von einem Teil der Kirche allein getroffen werden kann sondern nur durch ein allgemeines Konzil.
Auf diese Weise könne man, -so denken einige- auch wenn nicht alle Klerikerränge einbezogen würden, doch die Verpflichtung zum Zölibat für einige lockern oder ganz abschaffen.
Und was heute nicht opportun erscheint, könnte morgen Realität werden.
Wenn es aber den Wunsch gibt, das zu tun, muß man das bindende Element der Apostolischen Tradition ins Gespräch bringen. Man könnte genauso fragen, ob man mit einer in einer Konzilsversammlung getroffenen Entscheidung auch die Feier des Sonntags abschaffen könnte, eine Tradition-um penibel zu sein- die weniger biblisch begründet ist als der Zölibat.

Erlauben Sie mir, zum Schluss einen Ausblick in die Zukunft:  wenn immer noch gilt, daß jede Kirchenreform, die es wert ist, diesen Namen zu tragen, aus dem tiefen Verstehen des Glaubens der Kirche hervorgehen muss, dann würde der aktuelle Disput über den Zölibat durch ein tieferes Verstehen, was es bedeutet Priester zu sein, überwunden werden.
Wenn verstanden und gelehrt würde, dass das Priestertum nicht ein Dienst ist, der im Namen der Gemeinde geleistet wird, sondern dass der Priester- Kraft des empfangenen Sakramentes- in Persona Christi lehrt, führt und heiligt, würde man um so besser verstehen, dass genau das der Grund ist, die Lebensweise Christi zu übernehmen. Und ein Priestertum das so verstanden und gelebt würde, würde auch wieder für die Elite der jungen Männer attraktiv.

Schließlich muß im Hinblick auf den Zölibat -genauso wie für die Jungfräulichkeit im Namen des Himmelreiches zur Kenntnis genommen werden, daß sie immer schon diejenigen, die ein säkularisiertes Lebenskonzept hatten und haben, irritiert haben.
Aber wie Jesus sagte: "Wer es fassen kann, der fasse es."  "
Quelle: IlFoglio, www.chiesa, Sandro Magister


Dank an Kardinal Brandmüller für diese nötige Lektion, die man wohl im Zusammenhang mit einem größeren Plan, die Morallehre der Kirche drastisch zu ändern ( Zölibat + Kasper-Theorem)  sehen muß, wie er derzeit in den Köpfen so manches Prälaten irrlichtert. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.